Toblerone verliert das Label "Swiss Made"

Adrian Schaffner
Freitag, 8. Juli 2022

Seit über 100 Jahren wird in Bern die berühmte Toblerone Schokolade produziert. Den Markennamen hat 1908 der findige Konditor Theodor jun. Tobler aus seinem Familiennamen und «Torrone», der italienischen Bezeichnung für Mandel-Honig Nougat, gebildet. Dass die Dreiecksform dem Matterhorn nachempfunden sei, ist bloß eine Legende und wohl in der Marketingabteilung entstanden. Der berühmte Berggipfel erscheint auch erst seit 1970 auf der Verpackung zusammen mit «Toblerone – of Switzerland».
Aber das ist bald Vergangenheit. Künftig soll die «Schoggi“ zumindest teilweise in der Slowakei aus den Maschinen purzeln. Die strengen Auflagen betreffend Herkunftsangaben verlangen vom amerikanischen Produzenten Mondelez diese Bezeichnung zum geschwurbelten «Established in Switzerland» zu ändern. Ein richtiger Stresstest für die Swissness, vermuten Beobachter, wenn ein Nationalgut wie Schokolade nicht mehr ausschließlich heimisch produziert wird. Und man fragt sich auch, welcher Wert überhaupt noch in Swissness steckt?
Ich kann beruhigen. Emmentaler-Käse gibt’s schließlich auch von Großmolkereien von Kentucky bis Izmir, der mit dem Emmental etwa so viel gemeinsam hat wie Mineralwasser mit Champagner.
Den meisten ist schon längstens klar, dass die Marke Toblerone ihren Schweizer Kern verloren hat. Seit der Übernahme der Marke 1990 durch einen amerikanischen Weltkonzern bekommt man die süßen Dreiecksbalken in Duty-free Shops rund um den Globus. Das Produkt ist für die weltweite Masse und nicht nur für Touristen, die etwas «Typisches» aus der Schweiz mitbringen wollen. Dafür braucht es entsprechende Produktionskapazitäten. Die sind in der Slowakei wesentlich günstiger zu haben und den Kakao muss man eh importieren. Solange ein Berg und irgendwie «Schweiz» auf der Verpackung prangen, ist die Welt in Ordnung. Lokale Befindlichkeiten kann man vernachlässigen – sollten sie überhaupt vorhanden sein. Schweizerinnen und Schweizer verschenken eh «Luxemburgerli» vom Sprüngli – wenn es speziell und süß sein soll. Wie diese Marke vermuten lässt, zwar keine helvetische Erfindung, aber von hervorragender Qualität und täglich liebevoll in Handarbeit in der Nähe von Zürich gefertigt. Swissness pur, sozusagen.

Bild: nau.ch

Adrian Schaffner

Geschäftsleitung und Partner evoq communications AG