Logos: David gegen Goliath

Sunrise hat vor wenigen Wochen ihr neues Logo, die Aurora, präsentiert. Es leitet sich vom Sonnenaufgang ab und wird dementsprechend in den Werbesujets entlang eines Horizontes inszeniert. Das Logo ist simpel und elegant und entspricht damit auch dem Zeitgeist der vereinfachten Marken. Unzufrieden waren jedoch die Gründer von season eqpt., einer amerikanischen Snowboardmarke, als sie feststellen mussten, dass ihr die neue Sunrise-Marke verblüffende Ähnlichkeiten mit ihrem langjährigen Logo hat. Auf den ersten Blick sind die beiden Kreise mit dem gefüllten Segment kaum voneinander zu unterscheiden. Kaum zur Beruhigung der kalifornischen Snowboard-Manufaktur dürfte die Tatsache beitragen, dass Sunrise ab kommender Wintersaison neuer Hauptsponsor von Swiss-Ski sein wird und somit weltweit im Marktsegment Wintersport präsent sein wird.
Kein Einzelfall
Dieser Fall ist keineswegs einzigartig. Das neue Logo des Digitalkonzerns Meta (ehemals Facebook-Gruppe) zeigt ein geschwungenes «M», fast wie eine liegende Acht. Diese Idee hatte jedoch auch schon das Berliner Startup M-Sense ein Jahr zuvor. Abgesehen von der Farbe besteht auch hier grosse Verwechslungsgefahr.
Als vor einem Jahr die Brussels Airlines ihren Auftritt erneuerten, dachte das polnische Nachrichtenportal Gazeta.pl wohl, die Lufthansa-Tochter habe das lang bewährte Logo der Zeitung kurzerhand auf Flugzeuge geklebt.
David gegen Goliath
Diese Fälle haben eines gemeinsam: ein Grosskonzern führt ein neues Logo ein, welches von einem unbekannteren Unternehmen in sehr ähnlicher Form bereits verwendet wird. Sogar wenn die Rechtslage eindeutig ist, und die beiden Player beispielsweise in unterschiedlichen Warenklassen und Märkten zuhause sind, sitzen kleine Firmen am kürzeren Hebel. Konzerne beschäftigen ganze Rechtsabteilungen und eine erfolgreiche Klage von David gegen Goliath ist nahezu aussichtslos. Kleine Unternehmen verpassen es zudem in der Gründungsphase oft, ihre Marke genügend abzusichern und die Rechte in den entsprechenden Warenklassen zu hinterlegen.
Und selbst wenn ein kleines Unternehmen seine markenrechtlichen Hausaufgaben gemacht, wird die überproportionale Präsenz der «grossen» Marke immer ein Problem bleiben. Und so bleibt dem Unternehmen mit den geringeren Ressourcen nichts anderes übrig als zu hoffen, dass sich die Geschäftsfelder nicht überschneiden und Verwechslungen nicht zur Regel werden.
Die geschilderten Fälle werfen ein zweifelhaftes Licht auf den Marken-Entwicklungsprozess und die Entscheidungen von Konzernzentralen. Denn entweder übernehmen diese bewusst Ideen und nehmen einen Rechtsstreit in Kauf. Oder aber man hat im Markenentwicklungsprozess tatsächlich solche Ähnlichkeiten übersehen. Während der erste Fall auf Fahrlässigkeit, oder gar Boshaftigkeit schliessen lässt, ist im zweiten Fall wohl die Beratungsleistung der Agentur zu hinterfragen.