Der "Mitte" fehlen die Botschaften

Die Delegierten der CVP Schweiz haben kürzlich einem neuen Namen und der Fusion mit der BDP zugestimmt. Das bedeutet einen grossen Schritt, denn mit dem neuen Namen «Die Mitte» vollzieht insbesondere die Mutterpartei CVP ihren sichtbaren Abschied vom ländlich-christlichen Stammmilieu. Künftig möchte man moderner, sozialer und gesellschaftlich offener politisieren. Für viele ist dies auch ein schmerzhafter Schritt, denn wie die NZZ kürzlich in einem spannenden Interview mit CVP-Präsident Gerhard Pfister trefflich bemerkte, war die CVP nicht eine eigentliche Partei, sondern die politische Heimat der katholisch-ländlichen Schweiz, welche ihre Bedeutung verloren hat. Es wird sich zeigen, ob die neue Partei die unterschiedlichen Strömungen erfolgreich kanalisieren und die alte CVP wieder zum Erfolg führen kann. Tatsächlich ging der Wechsel nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne.
Eine neue Politmarke
Die neue "Mitte" wird als Marke auf Kosten der bekannten Grössen CVP und BDP etabliert. Wie attraktiv ist diese neue Marke, kann sie neben den etablierten Schlachtrössern SP, FDP, Grüne und SVP bestehen? Mit welchen Botschaften wird sie sich in den Köpfen der Schweizer BürgerInnen festsetzen?
Der Name ohne Eigenschaften
Beginnen wir mit dem Namen. Das C ist weg. "Die Mitte" scheint auf den ersten Blick eine logische Wahl. Mitte ist immer gut. Der Präsident sitzt in der Mitte, auf der Autobahn nimmt man die mittlere Spur, und beim Handy wählt man das mittlere Abo, wenn man nicht sicher ist. Der Mensch meidet in der Regel die Extreme. Ausserdem ist die "Mitte" ja schon etablierter Begriff, mit der "Mitte-Fraktion" im Parlament. Der Name ist auch kurz und bündig und kann damit mit den Buchstabenkürzeln der Konkurrenz mithalten.
Aber Mitte heisst halt auch: Durchschnitt, Unentschiedenheit, Neutralität. Leider kennt das politische Prinzip aber kein Unentschieden. Auch in der Schweiz laufen politische Prozesse immer auf ein JA oder ein NEIN hinaus. Vor allem aber ist "Mitte" keine Eigenschaft, sondern nur ein Standort. Die neue Partei behilft sich deshalb jetzt schon mit einem Markenzusatz, um eine Botschaft zu vermitteln (Freiheit, Solidarität und Verantwortung). Da sind die etablierten Parteien viel direkter, sie glänzen schon im Namen mit Adjektiven und Attributen: wir sind sozial, freisinnig, volksnahe, oder grün. Das sind klare, direkt ablesbare Positionen im Namen. "Die Mitte" scheut sich offenbar davor, Farbe zu bekennen, oder weiss sich nicht wirklich zu helfen mit einer klaren Position.
Klares, aber auch langweiliges Design
Das neue Design besteht aus einer orangen Klammer und dem blauen Namenszug in den jeweiligen Landessprachen. Weitere Designelemente fehlen. Das ganze kommt einerseits recht klar und überlegt daher. Das Orange wirkt sympathisch und schafft den Bezug zur Mutterpartei CVP.
Aber genügt eine Klammer als visuelle Methapher? Ähnlich wie beim Namen werden beim Betrachter kaum Emotionen geweckt. Wie ist die Klammer zu verstehen? Was wird denn hier zusammengeklammert? Und wieso ist das alles so luftig? Es fehlt ganz einfach der visuelle Impact, welcher z.B. das alte BDP Logo hatte. Ein wenig "mehr Fleisch am Knochen" im Design wäre hier dringend notwendig gewesen, zumal – siehe oben – doch schon der Name generisch ist. Das Logo wird es mit seiner luftig-nüchternen Gestaltung schwer haben neben einem SP-Würfel oder einem SVP-Sünneli.
Insgesamt gesehen scheint die neue Marke "Die Mitte" merkwürdig inhaltslos. Sie hat es verpasst, klare Signale zu setzen. Das C, die frühere Heimat, ist weg und wurde durch viel Luft ersetzt. Im Anbetracht der neuen politischen Grösse hätte man sich mehr zutrauen müssen. Man darf gespannt sein, ob die politischen Akteure der Partei die neue Marke mit Inhalten und Botschaften zu füllen vermögen.